Samstag, 1. März 2014

[REZENSION] Metamorphose am Rande des Himmels



Titel: Metamorphose am Rande des Himmels
Originaltitel: Metamorphose en bord du ciel
Autor: Mathias Malzieu
Genre: Fantasy
Seiten: 160
Preis: 12,99€
Kaufen: Metamorphose am Rande des Himmels
Bewertung: ♥♥♥♥♥♥♥••

Kurze Info zum Autor:
Mathias Malzieu, geboren 1974 in Montpellier, ist Frontmann der französischen Band Dionysos.

Wer sie nicht kennt und auf ausgefallenere Musik steht, sollte unbedingt mal reinhören! Soweit ich mit meinen nicht perfekten Französischkentnissen alles richtig verstanden habe, gehören fünf Tracks des aktuellen Albums Birds’n’Roll zu dem Buch Metamorphose am Rande des Himmels.


Ein phantastisches Märchen über die Überwindung des Todes durch die Verwandlungskraft der Liebe.
Tom Cloudmann, Hobby-Stuntman mit Leidenschaft fürs Fliegen, ist unheilbar erkrankt. Doch den Traum von Fliegen gibt er nicht auf. Nachts schleicht er sich aufs Krankenhausdach und begegnet dort Endorphina, einer geheimnisvollen Frau, die Federn trägt und fliegen kann. Sie macht Tom einen einzigartigen Vorschlag um ihn von seiner tödlichen Krankheit zu befreien…


Genau wie bereits Die Mechanik des Herzens ziert ein Bild von Benjamin Lacombe das Cover von Metamorphose am Rande des Himmels. Da es sich hierbei rein zufällig um einen meiner absoluten Lieblingskünstler handelt, kann ich schlecht Kritik üben. Das Cover ist wunderschön und liebevoll gezeichnet und passt perfekt zum fantastischen Erzählstil Malzieus.


Ich heiße Tom „Häma-Tom“ Cloudman. 

(Dieser erste Satz war wohl der schlimmste erste Satz, den ich bisher gelesen habe… Da ich selbst auch Dionysos höre und das Lied von Tom Cloudman schon vorher kannte, hatte ich die ganze Zeit beim Lesen diesen wunderbaren Ohrwurm im Kopf. Ich mag das Lied, nur wenn man versucht in ein trauriges Buch reinzukommen, ist es dann doch etwas unpassend...
Hier mal zum nachhören: Cloudman)



Toms Leben ist nicht unbedingt das Einfachste. Schon von klein auf träumt er davon Fliegen zu Können. Doch bei diversen Stunts auf dem Schulhof zeigt er bei seinen Kunststückchen statt aufregender Flugakrobatik nur Bruchlandungen. Er kann trotz seiner Tollpatschigkeit nicht anders und versucht eine Idee nach der anderen umzusetzen. Statt dass ihm Flügel wachsen, hat er immer wieder Verletzungen, Hämatome, wodurch ihm sein Spitzname zuteil wurde.
Doch egal wie sehr er immer wieder auf die Nase fällt, eins bleibt: Der Traum von Fliegen und den Himmel erobern. Davon kann ihn offenbar Nichts und Niemand abhalten.
Eines Tages beschließt er aus seinem besonderen Talent zum Hinfallen Kunst zu machen. Für den Zirkus ist er jedoch zu tollpatschig und nach reichlicher Überlegung fällt ihm ein anderer Plan ein. Er baut er sich selbst ein für ihn geeignetes Fahrzeug, um das Land zu bereisen und von nun an als Straßenkünstler aufzutreten. Ein für ihn geeignetes Fahrzeug bedeutet kein Fahrrad, kein Auto und auch kein Zug. Nein, Tom baut sich einen rollenden Sarg mit dem er von Stadt zu Stadt reist. Nirgendwo bleibt er länger als 24 Stunden und schon nach kurzer Zeit hat er eine Fangemeinde um sich gereiht, die ihn für seine Kunst zum Hinfallen bewundern.
Tom scheut keine noch so großen Verletzungen, stürzt sich von Straßenlaternen und anderen Dingen, hat einen Unfall nach dem anderen und ruht sich nur Nachts in seinem rollenden Sarg aus. Immer in der Hoffnung, dass ihm eines Tages der besondere Sprung gelingt, der ihm Flügel wachsen lässt.
Doch eines Tages hat Tom einen besonders schlimmen Unfall, wegen dem er sogar im Krankenhaus landet. Allerdings findet er sich auf einer anderen Station wieder als erwartet – der Krebsstation. 

"Vögel werden im Himmel beerdigt. 
Noch die eleganteste Wolke ist voll von ihren starren kleinen Leichen.
Es heißt, einer von 10180 Regentropfen sei die Träne eines toten Vogels und eine von 16474 Schneeflocken das Gespenst eines Vogels, der sich vom himmlischen Mutterkuchen gelöst hat."
(S.7) 

Genau wie bei Die Mechanik des Herzens bin ich über dieses Buch nur durch Zufall gestolpert. Beim Anblick von den Bildern von Benjamin Lacombe kann ich sehr schlecht einfach weitergehen. Ebenso war es dieses Mal, als mich die Frau mit den roten Flügeln in meinem Thaliabuchladen angelacht hat.
Beim zweiten Blick sah ich, dass es sich erneut um ein Buch von Mathias Malzieu handelt. Um ehrlich zu sein habe ich keine Sekunde überlegt und es, ohne den Klappentext zu lesen, sofort gekauft. Das letzte Buch war mir so bildhaft und phantastisch in Erinnerung, dass ich einfach wusste, dass auch dieses etwas ganz Besonderes werden wird.

Und das war es wahrhaftig, auch wenn mich die Geschichte leider nicht komplett überzeugen konnte. Dieses Buch gehört zu den Büchern, wo ich schon nach nur 10 Seiten wusste, dass ich am Ende mit Sicherheit Rotz und Wasser heulen würde, weil man einfach von Anfang an gespürt hat, dass diese Geschichte ein verdammt trauriges Ende nehmen würde. Doch keine Träne kam. Weil irgendetwas fehlte. Nur was war es? Vielleicht die Tatsache, dass ich bereits Die Mechanik des Herzens gelesen hatte und in etwa wusste, was auf mich zukommt? Oder die konstante, zu konstante, Traurigkeit, die bereits nach wenigen Seiten beginnt und sich bis zum Ende durchzieht? Die Melancholie in der Geschichte ist perfekt durchdacht und sehr schön beschrieben, aber dennoch fehlte mir persönlich das gewisse Etwas, was ich leider selbst nicht genau beschreiben kann.
Vielleicht ist es einfach die Hoffnung, die dieses Buch ebenso durchzieht wie die Traurigkeit, die mir verboten hat um Tom zu weinen. :)

Aber dennoch war und bin ich einfach begeistert von der absolut phantastischen und poetischen Erzählsprache des Autors. Er erschafft Bilder in meinem Kopf, die ich zuvor noch nie gesehen habe und weiß seine Worte so aneinander zu reihen, dass man in dieses moderne Märchen förmlich eingesaugt wird und sich bei einer kurzen Lesepause glatt wundert, wieso man nicht genau wie Tom von roten Federn umgeben ist.

Die handelnden Personen sind alle sehr liebevoll und herzlich beschrieben. Jeder hat seinen vollständig eigenen Charakter. Der tollpatschige Tom mit seinen scheinbar unmöglichen Träumen, die verführerische und liebreizende Endorphina, die einen sehnlichen Wunsch hat und der kleine Victor, Toms größter Fan, der ebenfalls an einer schlimmen Krankheit leidet.
Sie alle zusammen bilden eine außergewöhnliche Art von Familie, die sich in dem Krankenhaus finden, sich unterstützen und jedem das Gefühl von Geborgenheit geben.

Der Traum vom Fliegen ist als Idee wohl jedem sehr vertraut, weshalb man Toms Obsession so gut verstehen kann und wie wichtig es ist seine Träume nicht aufzugeben, selbst wenn die eigene Situation noch so schrecklich schmerzhaft ist. Daneben ist die Hoffnung ein weiteres wichtiges Thema in diesem Buch. Tom ist voll von beidem, Hoffnung und Träumen. Genau das in Verbindung mit der traumhaften Sprache Malzieus schafft eine unglaubliche Atmosphäre, die ihm so schnell keiner nachmachen kann. Ich zumindest kenne bis jetzt nichts Vergleichbares.
Die Brücke zwischen Träumen und der Krankheit, die in diesem Buch geschaffen wird ist zugleich traurig, aber dennoch poetisch. Toms Art und Weise mit der Krankheit umzugehen ist sehr kindlich und lässt den Leser ab und an schmunzeln. Er selbst bezeichnet seinen Tumor als „Rote Beete“ oder „Böses Gemüse“. Er ist ein Mensch, der nicht gern in der Realität lebt und das merkt man ihm bis zum Schluss der Geschichte an.

Zum Schluss bleibt noch zu sagen, dass das Buch ein Gefühl von Liebe, Traurigkeit und Hoffnung zurücklässt. Und die Verwunderung, wieso man selbst eigentlich noch nicht auf die Idee gekommen ist sich einfach ein paar Flügel zu bauen.
   

Die von Malzieu gemalten Bilder sind kraftvoll und detailliert und wirklich etwas Einzigartiges.
Dieses fantasiereiche und poetische Märchen hinterlässt beim Leser ein positives Gefühl, das helfen kann mit dem eigenen Leben besser umzugehen. Es erzählt und spielerisch von Träumen und Hoffnungen, die man niemals aufgeben sollte.
Tom Cloudman wird auf jeden Fall für immer in meinem Herzen bleiben.

Wegen der kleinen Schwäche gebe ich acht von zehn Cupcakes.


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