Sonntag, 20. Juli 2014

[REZENSION] Steelheart



Titel: Steelheart
Originaltitel: Steelheart (Reckoners #1)
Autor: Brandon Sanderson
Reihe: Band 1   
Seiten: 448
Preis: 17,99€
Verlag: Heyne fliegt
Kaufen: Steelheart
Bewertung: ♥♥♥♥♥♥♥•••

 

Selbst der stärkste Gegner ist verwundbar – du musst nur wissen, wo.

Als David sechs ist, zerstört eine gewaltige Explosion die Welt, die er kannte. Einige der Überlebenden erlangen Superkräfte, die sie dazu nutzen, sich die übrigen untertan zu machen. Als David acht ist, muss er miterleben, wie einer dieser Superhelden, ein gewisser Steelheart, seinen Vater ermordet. Von da an kennt David nur ein Ziel: herauszufinden, warum sein Vater sterben musste. Und ihn zu rächen. Er schließt sich einer Untergrundbewegung an, die die Herrschaft der scheinbar unbesiegbaren Superhelden bekämpft. David ahnt, dass sogar der mächtige Steelheart eine Schwachstelle hat. Er muss sie nur entdecken. Doch das bunt zusammengewürfelte Grüppchen der Widerstandskämpfer muss sich erst zusammenraufen. Und nicht jeder billigt Davids Plan, Jagd auf Steelheart zu machen …


Das Cover passt perfekt zur Story. Man sieht einen jungen Mann (David?), inmitten einer zerstörten stählernen Umgebung, dessen Blick in eine unbekannte Richtung schweift. Das vermittelt dem Leser schon mal einen ersten Eindruck, auf was er sich da einlässt. Mir gefällt es insgesamt ganz gut. Vor allem die Prägung des Titels finde ich sehr hübsch und durch die rote Farbe wirkt das Cover auch noch etwas interessanter als das englische Original.

 
Ich habe Steelheart bluten sehen.


Der erste Teil der Geschichte beginnt 10 Jahre nachdem Steelheart Davids Vater brutal ermordet hat. Unser Protagonist lebt in Newcago, einer Stadt, die – dank Steelheart – komplett aus Metall besteht.

„In Newcago ist es immer dunkel. Nightwielder hat als einer der ersten Epics Steelheart die Treue geschworen. Er gehört dem inneren Kreis an und sorgt dafür, dass es weder Sonnenaufgänge, noch einen sichtbaren Mond, sondern nur einen vollkommen schwarzen Himmel gibt – die ganze Zeit, Tag für Tag. Das Einzige, was man dort oben erkennen kann, ist Calamity, die an einen hellroten Stern oder einen Kometen erinnert.“ (S.27)

Die Menschen haben sich mehr oder weniger mit der uneingeschränkten Herrschaft Steelhearts arrangiert. Zwar fühlen sie sich in dieser metallenen Stadt nicht wohl und man erfährt immer wieder am Rande, die schlecht es ihnen geht, doch die Angst vor Steelheart lässt sie gehorchen. Und das Leben in Newcago bringt auch einige Annehmlichkeiten, wie Wasser und Strom, mit sich. Dinge, die man seit der Herrschaft der Epics nicht überall finden kann.
Zwischen all diesen Menschen gibt es eine kleine Gruppe, genannt Die Rächer. Sie haben es sich zur Aufgab gemacht die Epics zu töten. David ist, seit er ein kleiner Junge war und seit er Rache an Steelheart geschworen hat, von ihnen fasziniert und kann es kaum erwarten sich ihnen anzuschließen.

Die Geschichte beginnt sehr flott und beinahe direkt ohne Umschweife und direkt nach dem ersten Knall in Form eines sehr actionreichen Prologes, folgt der nächste. Dem Leser wird gleich von Anfang an ein sehr hoher Grad an Spannung geboten und kaum sind einige Seiten verflogen, hat man das Gefühl gar nicht mehr mit dem Lesen aufhören zu wollen.
Wir befinden uns in einer unbestimmten Zukunft, in der es jede Menge Veränderungen gibt. Einige davon wurde durch Epics erschaffen, andere wiederum von Menschen, Wissenschaftlern, die bis vor wenigen Jahren noch hochambitioniert an modernen technischen Geräten tüftelten.
Von diesen Geräten und Errungenschaften wird im Verlauf der Geschichte ausführlich Gebrauch gemacht. Jedoch wurden diese, und die Gegebenheiten in denen die Menschen in Newcago leben, kurz und knapp so gut erklärt und in die Geschichte eingeflochten, dass ich keine Sekunde lang an der Dystopie gezweifelt habe. Was mir bei anderen Büchern so oft missfällt, hat Brandon Sanderson wirklich gut hinbekommen. Hierfür kann ich nur ein großes Lob aussprechen. Das Konstrukt der Geschichte um David und Steelheart ist einfach perfekt.
Zwar fiel es teilweise auf, dass einige Erfindungen oder Gegebenheiten gerade dann wie zufällig erscheinen, wenn sie dringend gebraucht werden, aber auf Grund der sehr gut gelungenen Vision, wirkte die Geschichte auch dann absolut authentisch. Das ist eben das Schöne an einer Dystopie. Wenn man es gut verkauft, geht einfach alles!

„Ein Jahr bevor die ersten Epics auftauchten, war Calamity am Himmel erschienen. Niemand weiß, warum und wieso sie immer noch in der Dunkelheit leuchtet.“(S.27)

Die Charaktere sind Brandon Sanderson größtenteils sehr gut gelungen. Sie waren sehr verschieden und teilweise etwas schräg, aber trotzdem – oder gerade deshalb – sehr sympathisch. Natürlich begegnet man hier auch sehr vielen Klischees, aber wo findet man die nicht? Mich jedenfalls haben sie nicht sonderlich gestört.
Der Einzige, der mir stellenweise das Leben schwer gemacht hat, war David. An sich ein echt netter Kerl, jedoch wird mir von Anfang an eingebläut, dass David ein knallharter Typ ist, der nichts anderes im Kopf hat, als Steelheart zu töten – und das plant er seit seinem achten Lebensjahr. Crazy, nicht?
Mit genau diesem Bild fiel es mir dann sehr schwer ihm zu glauben, wenn er mal wieder eine schlechte Metapher gebracht hat, die vielleicht zum Schmunzeln anregen sollte, bei mir aber nur Verwirrtheit erzeugt hat. Für mich war David einfach nicht der witzige, leicht tollpatschige Typ. Ein von Rache geleiteter 18-Jähriger, der errötet, wenn er dabei erwischt wird, wenn er einem Mädchen in den Ausschnitt starrt? Das hat für mich irgendwie so gar nicht zusammen gepasst.
Da gefiel mir Cody, der Ire-mit-schottischer Herkunft-oder-auch-französischer-oder-wie-auch-immer-er-sich-gerade-fühlt, schon sehr viel besser. Ihm habe ich mit seiner verdrehten Art seinen Humor schon viel eher abgekauft. Aber wer könnte das nicht, wenn man in dieser abgefahrenen Zukunft von kleinen Ohrdämonen und Kobolden hört?
Mein Favorit war aber insgeheim der Prof, oder auch Morpheus 2.0. An den hat er mich nämlich mächtig erinnert, aber irgendwie war er der coolste von Allen. :D

Wirklich außergewöhnlich fand ich die Idee mit den Epics. Hier hat Brandon Sanderson seinen wirklich großen Ideenreichtum gezeigt und jedem Einzelnen eine außergewöhnliche Kraft verliehen, die die Geschichte durchweg interessant machten. Zwar lernt man als Leser nur einen kleinen Kreis von Epics kennen, aber diese hat der Autor wirklich toll ausgearbeitet. Und ich bin mir sicher, dass da noch mehr großartige Figuren kommen werden.

Verwöhnt durch den actiongeladenen Prolog, die tollen Figuren und den imposanten ersten Teil hatte ich natürlich erwartet, dass die Geschichte nur noch besser werden kann.
Doch leider ging es ab Teil zwei insgesamt etwas bergab.
Von diesem Punkt an gab es statt Action oft nur etliche Dialoge, die mehr als ausführlich verliefen. Zwar erklären sie viele Dinge, doch stellenweise auch Tatsachen, die man sich als Leser schon längst denken konnte, oder Tatsachen, die für den weiteren Verlauf der Story eigentlich gar nicht wichtig sind. Was mir bei der Erschaffung der Dystopie so gut gefiel, ging mir um ehrlich zu sein bei der ausführlichen Erklärung eines Plans, wie Davids Geschichte weiter gehen soll, nach einigen Seiten irgendwie auf die Nerven.
Zwar kann ich mich nicht beklagen, dass ich um die ganze Situation rund um Newcago und rund um die Epics bestens informiert bin, doch hätte ich mir ab dem zweiten Teil stellenweise gewünscht einige Dinge vielleicht eher durch Handlungen, Beobachtungen oder auch durch eigenständiges Denken zu erfahren, als es in stellenweisen so monotonen Dialogen hin geklatscht zu bekommen. Gefühlt wurde zum Beispiel im gesamten zweiten Teil nur geredet, und erst in den letzten zwei Kapiteln wieder mit etwas spannender Handlung aufgewartet, die dann zwar äußerst gut gelungen, aber dann auch viel zu schnell wieder vorbei war.

Der Verlauf der Story ist insgesamt wirklich sehr klassisch. Und wenn ich sage klassische meine ich: alt bekannt. Man begegnet, zumindest was den Aufbau der Geschichte anbelangt, vielen alten Elementen. Es werden Dialoge geführt, die alles rundherum erklären, es gibt das klassische Schüler-Mentor-Verhältnis, einen Anflug von einer Liebesgeschichte und eine sehr klare Linie, in der die Geschichte verläuft. Kurzum: Ein solides Konzept, dass sehr Hollywoodreif umgesetzt wurde.
Aber leider hat mich das an der sonst so originellen Geschichte etwas gestört. Durch den klassischen Spannungsbogen gibt es keine wirklichen Überraschungen. Alles verläuft sehr geradlinig auf das Ziel hinaus, welches von Anfang an, sowohl dem Leser, als auch der Hauptfigur, klar vor Augen steht.
Zwar gibt es ein paar Momente, in denen man das Gefühl hat jetzt müsste etwas kommen, dass einem vollkommen den Atem raubt, doch entweder wurde das dann so lieblos umgesetzt (ich sage nur: Conflux), oder war so vorhersehbar, dass die richtig große Überraschung ausblieb.

Lediglich am Ende konnte mir Steelheart noch einmal den Atem rauben, sodass ich nach der letzten Seite trotz der stelleweise schnarchigen Dialoge und des merkwürdigen Davids mit dem Buch versöhnt war und nun neugierig auf Teil zwei geworden bin.


Brandon Sanderson hat mit Steelheart eine wirklich großartige Dystopie erschaffen, die von tollen Charakteren und Figuren getragen wird. Ein wenig schade war, dass die Geschichte ab dem zweiten Teil dialogtechnisch etwas fad war und die Story mit nur noch wenigen bis gar keinen Überraschungen aufwarten konnte und deshalb nach dem imposanten Start etwas abgeflaut ist. Dennoch war Steelheart insgesamt eine kurzweilige Unterhaltung und trotz meiner Kritik kann ich das Buch wirklich weiterempfehlen.
Von mir gibt es insgesamt sieben von zehn Cupcakes.

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