Sonntag, 18. Mai 2014

[REZENSION] Klammroth



Titel: Klammroth
Originaltitel: -
Autoren: Isa Grimm
Reihe: nein
Seiten: 336
Preis: 14,99€
Verlag: Bastei Lübbe
Kaufen: Klammroth
Bewertung: ♥♥♥♥♥♥♥•••

 Danke an Bastei Lübbe und Blogg dein Buch für das Rezensionsexemplar! :)

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Seit Jahren ist der uralte Tunnel stillgelegt. Doch etwas geht um in den Tiefen des Berges. Kinderstimmen wispern im Dunkel, und etwas regt sich in den Schatten. Einst war Klammroth ein stiller Weinort am Fluss - bis eine Katastrophe die Idylle zerstörte. Dutzende Kinder starben bei einem verheerenden Unfall im Tunnel, viele weitere wurden entstellt. Nun, sechzehn Jahre später, kehrt eine der Überlebenden nach Klammroth zurück: Anais hat die Qualen des Feuers noch nicht überwunden, als ihr Vater sie zu sich ruft. Etwas Unerklärliches erscheint des Nachts vor den Fenstern. Gespenstisches geschieht - und jemand fordert neue Opfer. Der Tunnel hat Anais nicht vergessen ...

 

Auf dem Cover sieht man sieht einen Schatten, der aus einem dunklen Tunnel auf ein Licht zuläuft. Dazu der außergewöhnliche Schriftzug – das alles gibt dem Cover einen sehr mysteriösen Touch. Mir gefällt es eigentlich ganz gut, denn es macht neugierig auf die Geschichte. Mit der leicht krakeligen Schrift ist dieses Cover auf jeden Fall ein Eyecatcher!

 

Der Tunnel existierte seit einer Ewigkeit, hoch und schwarz und hungrig.

 

Die Geschichte um Klammroth beginnt mit einem etwas abgefahrenen Prolog. Man wird direkt in das Geschehen hineingeworfen und erlebt hautnah einen Unfall mit. Den Unfall. Der Unfall, der Anais Leben und das vieler Anderer verändern soll.
Nach wenige Seiten werden wir dann auch gleich 17 Jahre in die Zukunft katapultiert. Anais ist mittlerweile 34 Jahre alt und eine gefeierte Thrillerautorin. Sie empfängt einen verwirrenden Anruf von ihrem debilen Vater, der ihr irgendetwas mitteilen will, doch leider kann weder Anais noch irgendjemand anderes ihm folgen.
Zwei Woche später beginnt die eigentliche Geschichte. Das Haus ihres Vaters und ihrer Stiefmutter Theodora ist bis auf die Mauern niedergebrannt. Ihr bleibt nicht anders übrig als sich ihren Ängsten zu stellen und zusammen mit ihrer Tochter Lily in ihren einstigen Heimatort zurück zu kehren.
Früher war Klammroth ein beliebter Ort für Touristen. Zwischen Wald und Weinbergen und mit seinen alten Fachwerkhäusern, zwischen denen sich enge Gassen schlängeln, war es wohl sehr schön gewesen. Wahrscheinlich ist es das auch jetzt noch, doch ist Anais Sicht auf den Ort so getrübt, dass er dem Leser traurig, düster und etwas angsteinflößend vorkommt.
Ihre Stiefmutter, Theodora war die Leiterin der örtlichen Schmerzklinik. Nach dem Unfall, bei dem etliche Menschen schwere Verbrennungen erlitten, bot sich die Gelegenheit mit einer solchen Klinik an diesem Ort einen Heidenprofit zu machen. Und da Theodora nicht auf den Kopf gefallen ist, setzte sie diesen Plan in die Tat um und wurde schon bald zur gefeierten Ärztin.
Und kaum das Anais wieder nach Klammroth zurück kehrt, begegnen ihr die ersten entstellten Opfer. Sie weilen noch immer in dem Ort, abhängig von der Klinik oder unfähig ein Leben außerhalb von Klammroth aufzubauen.
Der Verlauf der Geschichte entwickelt sich zu einer echten Detektivstory. Kaum das Anais richtig angekommen ist begegnet sie alten Klassenkameraden, dem neuen Leiter der Schmerzklink und dem zuständigen Ermittler im Fall ihrer toten Stiefmutter. Natürlich will auch Anais herausfinden, was genau geschehen ist und gerät langsam aber sicher in einen Strudel aus furchtbaren Erinnerungen, Blut und Schmerzen.

„Ich bin es leid, weißt du? Leid jeden Tag an den Tunnel zu denken. An Klammroth. An die Toten und an die Verletzten wie Nele. Ich bin nicht freiwillig hier, sondern weil ich keine Wahl hatte.“ (S.119)

Um ehrlich zu sein musste ich im ersten Moment etwas schlucken, weil es auf den ersten Seiten doch etwas schwierig war in den Schreibstil von Isa Grimm hineinzufinden. Doch konnte ich erleichtert feststellen, dass ich mich bereits im ersten Kapitel recht schnell an ihre Art zu schreiben gewöhnen konnte. Im Laufe der Geschichte fand ich es dann sogar irgendwie richtig genial, denn es werden mit einfachen Worten sehr rasch sehr viele Bilder im Kopf erzeugt. Ein solcher realer Stil, der mit so wenigen Worten so viel Atmosphäre erzeugen konnte, kam mir bisher in dieser Form noch nicht unter die Finger.

„Es gab mehr Schatten, als Bäume in diesem Wald, so war es schon immer gewesen. Graue Formen mit spindeldürren Gliedern huschten von Stamm zu Stamm, Zwischenräume aus Zwielicht, die für Augenblicke zum Leben erwachten, zuckten und zitterten und wieder mit der Umgebung verschmolzen.“ (S.34)

Anais selbst ist eine Protagonistin mit der man erst warm werden muss. In Rückblicken erfährt man, dass sie als Thrillerautorin nicht davor zurückschreckt mit skurrilen Shows Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Ihr Charakter wirkt ein wenig sonderbar und verstört, was aber nach ihrem traumatischen Erlebnis nur verständlich ist. Letzten Endes fand ich jedoch, dass sie wahrscheinlich die perfekte Protagonistin für diese Geschichte ist.

Der Verlauf der Geschichte gestaltet sich als recht gruselig. Immer tiefer wird die Spirale, in die Anais gerät. Die Spannung steigert sich kontinuierlich und die Seiten fliegen ab der Mitte des Buches nur so dahin. Es scheint, als könnte Isa Grimm nach jedem gruseligen Szenario ein noch Beunruhigenderes oben drauf setzten. Hierbei scheint ihr Einfallsreichtum wirklich grenzenlos. Einige Passagen sind hierbei wirklich heftig und lassen bestimmt einige Leser ganz schön schlucken.
Die Handlung könnte verstrickter nicht sein und weist immer wieder Elemente eines echten Psychothrillers auf. Man erfährt nur häppchenweise, wie alles zusammen gehört und lechzt kontinuierlich nach mehr. Nach und nach passt immer mehr zusammen und ich habe mich nicht nur einmal dabei erwischt wie ich dachte „Anais, wie kommst du da nur wieder raus?“.
Während sich diese Puzzleteile für den Leser immer mehr offenbaren, begegnet man immer wieder der Dunkelheit und dem Feuer und auch einigen wirklich tiefen Abgründen des menschlichen Daseins.

Dennoch gab es glaube ich, bisher kein Buch, das mir soviel Kopfzerbrechen bereitet hat wie Klammroth. Normalerweise kann ich ganz gut in Worte fassen, was mir an einem Buch nicht gefallen hat, damit es auch verständlich ist. Und bei Klammroth hat es wirklich sehr lange gedauert, bis mir klar wurde, was mich so gestört hat.
Vielleicht bin ich durch japanische und französische Horrofilme, Stephen King, diversen Serien und Videospielen einfach etwas zu abgehärtet, aber insgesamt konnte mich dieses mystische Szenario nicht vollständig packen. Für mich fehlte es irgendwie an allen Enden etwas, damit ich mich wirklich gruseln konnte. Die düsteren Orte waren mir nicht düster genug, die Charaktere nicht abgedroschen genug im mir wirklich Angst zu bereiten und die beklemmende Stimmung nicht beklemmend genug.
Allerdings kann ich in anderen Rezensionen lesen, dass es vielen anderen Lesern hier ganz anders erging.
Ich würde soweit gehen und sagen, dass das Buch für die etwas härteren Fans des Genres einem seichten Horror gleicht. Wer jedoch einen etwas empfindlichen Magen hat, kommt hier durchaus auf seine Kosten und Gänsehaut und schlaflose Nächte werden hier nicht ausbleiben.

Was mich zudem etwas irritiert hat, ist, dass ich gedacht hätte, dass der Tunnel von dem so oft die Rede ist eine viel zentralere Rolle spielen würde. Zwar taucht dieser als Motiv immer wieder auf, aber irgendwie geht es im gesamten Buch viel mehr darum, wie der Tunnel alle offenbar komplett irre gemacht hat. Anais wird auf eine merkwürdige Art und Weise von dem Tunnel angezogen und kann nicht anders als andauernd daran und an ihre tragische Vergangenheit zu denken. Doch begegnete ich dem Tunnel in seiner physischen Form sehr viel weniger.
So wirkte das ganze Buch insgesamt auf mich, als ob versucht wurde um das zentrale Thema herumzureden und das mit möglichst vielen Nebengeschichten. Wahrscheinlich ist auch das der Grund, wieso mich diese Geschichte trotz all der guten Eigenschaften nicht wirklich packen konnte.
Es treten sehr viele düstere Elemente auf, sehr viele Gegner denen sich Anais stellen muss. Teilweise sind diese nebensächlichen Handlungsstränge für mich sogar etwas ausgeartet, sodass ich etwas den Faden zur eigentlichen Handlung verloren habe, was mich nicht selten verwirrt hat, da ich teilweise nicht ganz klar erkennen konnte, worauf die Geschichte nun eigentlich hinauswill.
Zwischen Splatterelementen, Detektivarbeit, Gruselelementen und sogar einem Hauch von Fantasy, wusste ich manchmal gar nicht, vor wem oder was Anais jetzt eigentlich wegläuft.
Aus diesem Grund blieben für mich am Ende auch sehr viele Fragen offen, auf die ich entweder keine oder eine unzureichende Antwort erhalten habe.
 
 

Sprachlich für mich ein wirklich großartiges Debüt, das sich sehen lassen kann. Allerdings hätte der Geschichte teilweise ein stärkerer Fokus auf das eigentliche Geschehen gut getan. Die Stimmung ist düster und schaurig, konnte mich aber leider nicht komplett überzeugen. Mit etwas Abstand betrachtet ist das Buch insgesamt ganz in Ordnung durchaus lesenswert, aber für mich war es kein wirklicher Knaller.
Von mir gibt es für diese recht durchwachsene Geschichte insgesamt sechs von zehn Cupcakes.




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