Montag, 31. März 2014

[REZENSION] Noah



Titel: Noah
Originaltitel: -
Autor: Sebastian Fitzek
Reihe: nein
Seiten: 560
Preis: 19,99€
Kaufen: Noah
Bewertung: ♥♥♥♥♥•••••

  

Er weiß nicht, wie er heißt. Er hat keine Ahnung, wo er herkommt. Er kann sich nicht erinnern, wie er nach Berlin kam, und seit wann er hier auf der Straße lebt. Die Obdachlosen, mit denen er umherzieht, nennen ihn Noah, weil dieser Name tätowiert auf der Innenseite seiner Handfläche steht. Noahs Suche nach seiner Herkunft wird zu einer Tour de force. Für ihn und die gesamte Menschheit. Denn er ist das wesentliche Element in einer Verschwörung, die das Leben aller Menschen auf dem Planeten gefährdet und schon zehntausende Opfer gefunden hat.

 

Das Cover finde ich eigentlich ziemlich cool gestaltet. Die Hand wirkt ein wenig gruselig, furchteinflößend, genau der eingekerbte Schriftzug des Titels mitten auf dem Handballen. Gleichzeitig wirkt das Cover in gewisser Weise auch clean, was den Eindruck des deutlich abgesetzten Handabdruckes noch verstärkt.

Interessant finde ich, dass dieser mit einer Leuchtfarbe gestaltet wurde (was mir in der Nacht, nachdem ich das Buch beendet habe, den Schock meines Lebens verpasst hat, weil ich das bis dahin gar nicht für voll genommen hatte…)


Alicia wurde von der Stille geweckt.

 

Noah ist ein Buch, das nachdenklich stimmt und auf jeden Fall nachwirkt, was mich aber nach einem rasanten Anstieg mich am Ende doch irgendwie enttäuscht hat.

Die Geschichte beginnt mit Alicia, einer Frau die mit zwei Kindern mitten in den Slums lebt und deren Leben nicht schlechter sein könnte. Ihr jüngstes Kind ist gerade im Säuglingsalter und die kann ihn auf Grund ihrer eigenen Mangelernährung nicht versorgen. Der Slum ist soweit heruntergekommen, dass die Armee beschließt ihn in Quarantäne zu stellen, womit die eigentliche Geschichte beginnt.
Noah hat seit einigen Tagen schon jegliche Erinnerung an sein Leben verloren. Er lebt zusammen mit Oscar, einem von Verschwörungstheorien besessenen Obdachlosen, zusammen auf der Straße in Berlin und versucht sich unter anderem durch Pfandsammeln am Leben zu halten. Zwar wird ihm ziemlich schnell klar, dass er sich an Verhaltensmuster erinnern kann, jedoch nicht an den eigenen Namen oder ein anderes Detail aus seinem eigenen Leben. Dies macht ihn zu einem besonderen Protagonisten. Zu Beginn hatte ich noch befürchtet, dass die Suche nach seiner Erinnerung sich als langwierig und etwas fade erweisen würde, doch hat der Autor das recht gut gelöst, indem er oft unerwartete Erinnerungsfetzen einbaute, die das Lesen sehr spannend machten.
Oscar, Noahs Weggefährte ist mir gleich zu Beginn mit seiner leicht verrückten Art sehr ans Herz gewachsen. Egal um was es geht, er scheint nie müde zu werden immer wieder mit einer neuen Verschwörungstheorie aufzuwarten. Trotz seines offensichtlich fehlgelaufenen Lebens hat er nicht den Mut verloren und unterstütz Noah auf seinem Weg durch Europa.

„Hast du etwa gedacht, die haben 1993 die neuen Postleitzahlen eingeführt, nur damit die Briefe schneller ankommen? Jaha, das sollen wir alle denken. In Wahrheit ist das ein Code. Der Einsatzplan, nach dem sie ihre Überwachungsroutine koordinieren. An Tagen, an deren Quersumme der der Postleitzahl entspricht, müssen wir untertauchen.“ (S.18)

Diese ungewöhnliche Konstellation erwies sich schnell als sehr amüsant und sehr unterhaltsam.
Während Noah sich allmählich mit Hilfe von Oscar von seiner mysteriösen Schusswunde - an die er sich genauso wenig erinnern kann wie an alles Andere - erholt und auf der Suche nach seiner Identität ist, kursiert auf der ganzen Welt eine Grippewelle, die einer Epidemie gleicht. Diese scheint auf eine Art und Weise mit Noah zusammenzuhängen. Doch dank seines Gedächtnisverlustes quält die Frage des „Wies“ den Leser genauso lang wie Noah selbst.

Meine Erwartungen an das Buch waren als gleich nach den ersten paar Seiten sehr hoch. Es war zwar mehr als irritierend, dass mich die Geschichte von Seite zu Seite unglaublich an Inferno von Dan Brown erinnert hat (Zwei Menschen, einer davon ohne Gedächtnis, eine biologische Waffe, eine Reise durch Europa, Verschwörungstheorien – um nur ein paar Gemeinsamkeiten aufzuzählen), aber darüber konnte ich noch hinwegsehen. Das konnte alles auch nur Zufall sein,  da das Manuskript zu Noah eingereicht wurde, bevor Inferno erschien.
Jedoch konnte ich nicht umhin zu bemerken, dass (obwohl ich erst seit kurzem der Fangemeinde Fitzeks angehöre und bisher, einschließlich Noah, nur drei Bücher gelesen habe) sich dieses Buch deutlich von den bisherigen Werken des Autors unterscheidet.
Auch die Bezeichnung „Thriller“ finde ich etwas übertrieben, für mich hat sich das ganze Buch eher wie ein Krimi gelesen. Spannend, ja. Nervenzerfetzend, nein.
Zwar ist klar, dass Sebastian Fitzek mit diesem Buch wahrscheinlich etwas Neues wagen wollte und mit dem komplexen Thema vielleicht einiges Aufsehen erregen wird, dennoch fehlte in diesem Buch einfach das, was mich die anderen bisher hat verschlingen lassen.

Aber all diese Tatsachen beiseite gelassen, war es in der ersten Hälfte sehr interessant Noah auf seiner Reise zu begleiten. Man wird zwar mit einer Vielzahl von Charakteren bekannt gemacht, die alle ihre eigene Geschichte haben, jedoch laufen diese Fäden wie erwartet im Laufe der Geschichte alle irgendwie zusammen und ergeben somit ein ganz rundes Gesamtbild. Durch sie wirkt die Geschichte sehr lebendig und gut ausgearbeitet.
Noah zeigt bereits nach kurzer Zeit ihm bekannte Verhaltensmuster, die ihm selbst nicht ganz geheuer sind. So kann er zum Beispiel einen Lügner recht schnell enttarnen und wartet mit ungeahnten Waffenkenntnissen und Kampffähigkeiten auf, die man ihm nicht zugetraut hätte. Dadurch kommt es zu einigen sehr actiongeladenen Szenen, die die Seiten nur so dahinfliegen lassen.

Das ganze Buch ist gespickt mit Fakten über die Umwelt, das menschliche Verhalten und dem ganz großen Schwierigen Thema der Überbevölkerung. Zwar wird mancher sagen, dass hier nichts Neues zu hören ist, aber ich persönlich fand alles recht gut recherchiert und verständlich in einen spannenden Kontext gepackt, der selbst Umweltmuffeln das Thema etwas näher bringen wird.
Der Autor betont im Nachwort noch einmal, dass er keinesfalls mit dem Zeigefinger auf uns zeigen möchte und ich für meinen Teil hatte nicht das Gefühl, dass er das tut. Zu keiner Zeit fühlte ich mich belehrt oder überrumpelt mit den Theorien und Fakten.

Natürlich erwartete ich mit all diesen Elementen einen spektakulären Showdown, der nicht mehr zu toppen ist. Doch auf den letzten 50 Seiten des Buches musste ich feststellen, dass dieser nicht mehr kommen wird. Der ganz große Knall entpuppte sich als lauer Dialog, der mich nicht im Entferntesten zufriedenstellen konnte.
Dazu fällt mir bis jetzt nur ein Wort ein: Wieso? Wieso dieses schlappe Ende? Ich kann gar nicht sagen, wie enttäuscht ich bin, obwohl ich bis zur Hälfte so begeistert von dem Buch war und mir zu Beginn von Stufe drei noch dachte, dass das Buch von mir – trotz der Ähnlichkeit zu anderen Werken - mindestens acht Punkte bekommen wird.
Doch auf Grund des abrupt endenden Spannungsbogens geht meine Bewertung nun leider recht weit nach unten.

 

Mit Noah hat der Autor einen sehr anderen Fitzek geschaffen. Das aktuelle Thema wurde künstlerisch in einen spannenden Kontext gepackt. Die Suche nach Noahs Identität entpuppt sich als dramatische Jagd durch halb Europa und mit Hilfe seines amüsanten Weggefährten wird dem Leser nicht so schnell langweilig. Jedoch nimmt das Buch gegen Ende hin extrem ab und der anfangs so hohe Spannungsbogen endet leider im Nichts.
Auf Grund dessen gebe ich insgesamt fünf von zehn Cupcakes.



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