Originaltitel: -
Autor: Patricia Schröder
Reihe: nein
Seiten: 448
Preis: 14,95€
Verlag: Coppenrath
Kaufen: Blind Walk
Bewertung: ♥♥♥♥♥♥♥•••
Als die 17-jährige Lida Donelley zusammen mit ihrem Freund Jesper an einem sogenannten „Blind Walk", einem Event aus dem Internet, teilnimmt, rechnet sie mit nicht mehr als ein bisschen Nervenkitzel. Zusammen mit fünf anderen Jugendlichen werden Lida und Jesper mit verbundenen Augen in der Wildnis ausgesetzt, ausgestattet mit einem Kompass und ein paar wenigen Gegenständen. Doch von Anfang an ist die Stimmung in der Gruppe hochexplosiv. Die Situation droht zu eskalieren, als die Jugendlichen nach kurzer Zeit die Leiche einer der Männer finden, die sie in den Wald gebracht haben. Lida beschleicht das unheimliche Gefühl, dass sie beobachtet werden. Schon bald wird dieser erste Verdacht zur bösen Gewissheit: Irgendjemand da draußen macht Jagd auf sie. Und der Jäger scheint es dabei vor allem auf sie, Lida, abgesehen zu haben.
Ich kann immer noch nicht
leugnen, dass dieses grelle Gelb eine meiner absoluten Antifarben ist. Aber bei
diesem Cover passt die Farbe perfekt. Zusammen mit den düsteren Astsilhouetten
und den ausgewaschenen Ränder wirkt es eindrucksvoll und ziemlich düster. Mir
gefällt die Gestaltung sehr gut. Schlicht in zwei Farben gehalten, aber
trotzdem sehr gelungen.
Es war nicht okay, dass ich meine Mutter angelogen habe.
Ein Buch, das mich trotz meiner anfänglichen Skepsis, im Endeffekt doch mit seiner schaurigen Idee überzeugen konnte.
Obwohl Jesper von Beginn an
dagegen ist, dass seine drei Jahre jüngere Freundin Lida ihn bei dem Blind Walk
begleitet, schafft sie es mit ihrer Dickköpfigkeit ihn davon zu überzeugen sie
bei dem Event anzumelden. Die Geschichte beginnt auch fast ohne Umschweife
direkt mit dem Abenteuertrip. Obwohl Lida noch minderjährig ist, wird sie mit Jesper
und fünf anderen Jugendlichen (obwohl jugendlich etwas übertrieben ist, da alle
Teilnehmer bis auf Lida über 18 sind) mitten in einem ihnen unbekannten Wald
ausgesetzt. Sie wissen noch nicht, dass das Leben für einige Leute
der Gruppe nach diesem Trip nicht mehr so sein wird, wie es zuvor war.
„Direkt vor unseren Füßen reißt der Waldboden sein Maul auf. Zähne aus
hellgrauem Felsen umrahmen den schätzungsweise fünfzig Meter langen, fünf Meter
breiten und zwanzig Meter tiefen Spalt. Abgebrochene Baumstümpfe, niedriges
Gestrüpp und eine Schicht aus welkem braunem Laub bilden den Rachen. Und er hat
auch etwas verschluckt. Am Rand des Felsens hängt ein in sich verdrehter Körper
an einem Baumstumpf.“ (S.74)
Ich muss sagen, dass mich die
Inhaltsbeschreibung des Buches mehr als angesprochen hat. Nachdem ich
allerdings die Leseprobe bei Vorablesen gelesen habe, war ich dann doch etwas
abgeschreckt. Denn bereits hier hatte ich Bekanntschaft mit einer unglaublich
starrköpfigen und egoistischen Lida gemacht, die mich nicht gerade begeistern konnte.
Zumal man direkt gleich zu Beginn erfährt, dass es bei Jesper und Lida in ihrer
Beziehung heftig kriselt. Die Befürchtung, dass der Blind Walk zu einer Art
Eat, Survive and Love-Trip für die Beiden wird, war sehr groß.
Mit Lida konnte ich auch im
gesamten Verlauf des Buches nicht wirklich warm werden. Das Bild, dass ich am
Anfang von ihr hatte, wurde bereits nach wenigen Seiten bestätigt und immer,
wenn Lida dachte, dass sie vielleicht einfach hätte daheim bleiben sollen,
konnte ich das gedanklich nur bestätigen. Bis zur Mitte des Buches ging sie mir
sogar dermaßen auf die Nerven, dass ich nicht einmal mit ihr Mitleid haben
konnte, dass Jesper ihre Beziehung bis zu diesem Event als nichts wirklich
Ernstes angesehen hat und sie deshalb eigentlich bei diesem Trip gar nicht
dabei haben wollte.
Doch zum Glück blieb zumindest
das dramatische Liebeswirrwarr größtenteils aus. Hingegen wartet die gute Lida etwa
ab dem letzten Drittel des Buches mit einer für mich sehr überraschenden
Intelligenz auf.
„So läuft das doch im Leben, oder? Es gibt keine Zufälle. Man trifft
genau die Menschen, die wichtig für einen sin, um Zusammenhänge zu verstehen,
ein bisschen mehr über sich selbst zu erfahren und vielleicht auch ein paar Dinge
ändern zu können.“ (S.313)
Hingegen empfand ich die Wahl der anderen Figuren als sehr gelungen und die Mischung der verschiedenen Charaktere sehr angenehm. Sogar die bei allen so unbeliebte Natascha konnte mich von sich überzeugen.
Was mich allerdings, abgesehen von Lida, etwas irritiert hat, war die angespannte Stimmung in der Gruppe. Sofort zu Beginn misstraut
jeder jedem. Egal was sie tun, es wird hinterfragt, und das oft nicht leise. Natürlich
ist mir klar, dass man bei solch einem Event nicht mit einer super guten Laune
aufwartet, doch wirkten für mich die Streitereien teilweise sehr gekünstelt.
Hinzu kommt noch die Tatsache,
dass sobald die erste Leiche entdeckt wird, scheinbar alle davon ausgehen, dass
irgendjemand hinter ihnen her ist. Paranoider geht’s ja wohl nicht! Da nützte
es auch nicht, dass Natascha genau diesen Gedanken im Verlaufe des Geschehens
ausgesprochen hat. Natürlich ist es erschreckend einen Toten zu finden, doch könnte
dies und alle anderen Geschehnisse zu Beginn alles genauso gut ein Unfall
gewesen sein.
Natürlich weiß man als Leser,
dass dem nicht so ist, aber solche paranoide und unbegründet streitlustige
Figuren haben mir am Anfang wirklich ein wenig den Spaß verdorben. Es fühlte
sich an, als ob gezwungenermaßen Spannung aufgebaut werden soll, die aber
eigentlich noch gar nicht da ist.
Dabei hat die Geschichte mit
ihrem leicht schaurigen Setting und den äußerst unterschiedlichen Charakteren auch
so gleich zu Beginn sehr viel zu bieten. Gerade zu Beginn hätte ich mir
gewünscht etwas mehr über die Figuren zu erfahren. Seien es nur Eigenheiten im
Gang oder Kleinigkeiten. So dauerte es eine Weile, bis ich feststellen konnte,
wie unterschiedlich die Figuren alle waren und dass diese Charaktere in der
Gruppe so bunt zusammengewürfelt wurden, wie man es sonst wohl nicht finden würde.
Zwischen der eigentlichen Story,
dem Blind Walk, beschreibt jedes Zweite Kapitel eine vollkommen andere
Geschichte, die an einem komplett anderem Ort spielt, jedoch zur selben Zeit.
Zu Beginn empfand ich diese Kapitel als äußerst nervig und habe mir sogar auf
meinem Notizzettel „Fühlt sich an wie Werbung“ notiert.
Aber kaum das sich diese
Einschübe nicht mehr so sehr häufen und allmählich ersichtlich scheint, worauf
das hinauflaufen soll, waren sie sehr viel weniger anstrengend. Die Art und
Weise, wie sich die beiden Geschichten dann verbunden haben, fand ich sogar
äußert erfrischend und ab hier konnte mich das Buch ziemlich überzeugen, sodass
ich die letzten 250 Seiten mit einem Rutsch durchlesen musste.
Die Zu Beginn noch gekünstelte
Spannung schlug in Echte um und konnte mich fast bis zum Schluss fesseln. Das
war natürlich auch der äußerst kreativen Wendung zu danken, die ich so auf gar
keinen Fall erwartet hätte! Bis zum Schluss waren die Verbindungen der
Charaktere sehr undurchsichtig und man konnte nicht voraussehen, wie sie nun
wirklich zueinander stehen. Das ist natürlich auch dem Schreibstil der Autorin
zu verdanken, denn es wird oft nur soviel verraten, dass man nach mehr lechzt,
aber das Puzzle im Kopf eigentlich nur größer macht.
Sehr gut fand ich auch, dass
die Auflösung des ganzen dann doch einen unerwarteten, leicht moralischen
Aspekt hatte. Soviel Ernsthaftigkeit hätte ich dem Buch gar nicht zugetraut.
Fragen wie, was Menschen während eines Komas miterleben, werden in Angriff
genommen, oder andere medizinische Aspekte, auf die ich nicht weiter eingehen
kann ohne zu spoilern.
Wo ich zu Beginn noch nicht
ganz wusste, wie das alles zusammen passen soll, wurde mir die Lösung dann
häppchenweise serviert und gefiel mir im Endeffekt sehr gut.
Nach einem etwas holprigen
Anfang wartet Blind Walk mit einer unerwarteten Wendung auf, die es von anderen
Jugendbüchern abhebt. Wo zu beginn die Spannung noch sehr gekünstelt wirkte,
konnte sie mich am Ende dann doch gefangen nehmen und ließ das Buch auch für
mich zu einem echten Abenteuertrip werden. Die Idee dahinter gefällt mir
insgesamt sehr gut, denn das Buch hat doch mehr Tiefgang als es auf den ersten
Blick scheint.
Von mir gibt es dafür sieben
von zehn Cupcakes.
Danke an den Coppenrath-Verlag für das Leseexemplar! :)
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