Titel: Noah
Originaltitel: -
Autor: Sebastian Fitzek
Reihe: nein
Seiten: 560
Preis: 19,99€
Kaufen: Noah
Bewertung: ♥♥♥♥♥•••••
Er weiß nicht, wie er heißt.
Er hat keine Ahnung, wo er herkommt. Er kann sich nicht erinnern, wie er nach
Berlin kam, und seit wann er hier auf der Straße lebt. Die Obdachlosen, mit
denen er umherzieht, nennen ihn Noah, weil dieser Name tätowiert auf der
Innenseite seiner Handfläche steht. Noahs Suche nach seiner Herkunft wird zu
einer Tour de force. Für ihn und die gesamte Menschheit. Denn er ist das
wesentliche Element in einer Verschwörung, die das Leben aller Menschen auf dem
Planeten gefährdet und schon zehntausende Opfer gefunden hat.
Das Cover finde ich eigentlich
ziemlich cool gestaltet. Die Hand wirkt ein wenig gruselig, furchteinflößend, genau
der eingekerbte Schriftzug des Titels mitten auf dem Handballen. Gleichzeitig
wirkt das Cover in gewisser Weise auch clean, was den Eindruck des deutlich
abgesetzten Handabdruckes noch verstärkt.
Interessant finde ich, dass dieser mit einer
Leuchtfarbe gestaltet wurde (was mir in der Nacht, nachdem ich das Buch beendet
habe, den Schock meines Lebens verpasst hat, weil ich das bis dahin gar nicht
für voll genommen hatte…)
Alicia wurde von der Stille geweckt.
Noah ist ein Buch, das nachdenklich stimmt und auf jeden Fall
nachwirkt, was mich aber nach einem rasanten Anstieg mich am Ende doch
irgendwie enttäuscht hat.
Die Geschichte beginnt mit
Alicia, einer Frau die mit zwei Kindern mitten in den Slums lebt und deren
Leben nicht schlechter sein könnte. Ihr jüngstes Kind ist gerade im
Säuglingsalter und die kann ihn auf Grund ihrer eigenen Mangelernährung nicht versorgen.
Der Slum ist soweit heruntergekommen, dass die Armee beschließt ihn in
Quarantäne zu stellen, womit die eigentliche Geschichte beginnt.
Noah hat seit einigen Tagen
schon jegliche Erinnerung an sein Leben verloren. Er lebt zusammen mit Oscar,
einem von Verschwörungstheorien besessenen Obdachlosen, zusammen auf der Straße
in Berlin und versucht sich unter anderem durch Pfandsammeln am Leben zu
halten. Zwar wird ihm ziemlich schnell klar, dass er sich an Verhaltensmuster
erinnern kann, jedoch nicht an den eigenen Namen oder ein anderes Detail aus
seinem eigenen Leben. Dies macht ihn zu einem besonderen Protagonisten. Zu
Beginn hatte ich noch befürchtet, dass die Suche nach seiner Erinnerung sich
als langwierig und etwas fade erweisen würde, doch hat der Autor das recht gut
gelöst, indem er oft unerwartete Erinnerungsfetzen einbaute, die das Lesen sehr
spannend machten.
Oscar, Noahs Weggefährte ist
mir gleich zu Beginn mit seiner leicht verrückten Art sehr ans Herz gewachsen.
Egal um was es geht, er scheint nie müde zu werden immer wieder mit einer neuen
Verschwörungstheorie aufzuwarten. Trotz seines offensichtlich fehlgelaufenen
Lebens hat er nicht den Mut verloren und unterstütz Noah auf seinem Weg durch
Europa.
„Hast du etwa gedacht, die haben 1993 die neuen Postleitzahlen
eingeführt, nur damit die Briefe schneller ankommen? Jaha, das sollen wir alle
denken. In Wahrheit ist das ein Code. Der Einsatzplan, nach dem sie ihre
Überwachungsroutine koordinieren. An Tagen, an deren Quersumme der der
Postleitzahl entspricht, müssen wir untertauchen.“ (S.18)
Diese ungewöhnliche
Konstellation erwies sich schnell als sehr amüsant und sehr unterhaltsam.
Während Noah sich allmählich
mit Hilfe von Oscar von seiner mysteriösen Schusswunde - an die er sich genauso
wenig erinnern kann wie an alles Andere - erholt und auf der Suche nach seiner
Identität ist, kursiert auf der ganzen Welt eine Grippewelle, die einer
Epidemie gleicht. Diese scheint auf eine Art und Weise mit Noah
zusammenzuhängen. Doch dank seines Gedächtnisverlustes quält die Frage des „Wies“
den Leser genauso lang wie Noah selbst.
Meine Erwartungen an das Buch
waren als gleich nach den ersten paar Seiten sehr hoch. Es war zwar mehr als
irritierend, dass mich die Geschichte von Seite zu Seite unglaublich an Inferno von Dan Brown erinnert hat (Zwei
Menschen, einer davon ohne Gedächtnis, eine biologische Waffe, eine Reise durch
Europa, Verschwörungstheorien – um nur ein paar Gemeinsamkeiten aufzuzählen),
aber darüber konnte ich noch hinwegsehen. Das konnte alles auch nur Zufall
sein, da das Manuskript zu Noah eingereicht wurde, bevor Inferno erschien.
Jedoch konnte ich nicht umhin
zu bemerken, dass (obwohl ich erst seit kurzem der Fangemeinde Fitzeks angehöre
und bisher, einschließlich Noah, nur
drei Bücher gelesen habe) sich dieses Buch deutlich von den bisherigen Werken des
Autors unterscheidet.
Auch die Bezeichnung „Thriller“
finde ich etwas übertrieben, für mich hat sich das ganze Buch eher wie ein
Krimi gelesen. Spannend, ja. Nervenzerfetzend, nein.
Zwar ist klar, dass Sebastian
Fitzek mit diesem Buch wahrscheinlich etwas Neues wagen wollte und mit dem
komplexen Thema vielleicht einiges Aufsehen erregen wird, dennoch fehlte in
diesem Buch einfach das, was mich die anderen bisher hat verschlingen lassen.
Aber all diese Tatsachen
beiseite gelassen, war es in der ersten Hälfte sehr interessant Noah auf seiner
Reise zu begleiten. Man wird zwar mit einer Vielzahl von Charakteren bekannt
gemacht, die alle ihre eigene Geschichte haben, jedoch laufen diese Fäden wie
erwartet im Laufe der Geschichte alle irgendwie zusammen und ergeben somit ein
ganz rundes Gesamtbild. Durch sie wirkt die Geschichte sehr lebendig und gut
ausgearbeitet.
Noah zeigt bereits nach kurzer
Zeit ihm bekannte Verhaltensmuster, die ihm selbst nicht ganz geheuer sind. So
kann er zum Beispiel einen Lügner recht schnell enttarnen und wartet mit
ungeahnten Waffenkenntnissen und Kampffähigkeiten auf, die man ihm nicht
zugetraut hätte. Dadurch kommt es zu einigen sehr actiongeladenen Szenen, die
die Seiten nur so dahinfliegen lassen.
Das ganze Buch ist gespickt mit Fakten über die Umwelt, das menschliche Verhalten und dem ganz großen Schwierigen Thema der Überbevölkerung. Zwar wird mancher sagen, dass hier nichts Neues zu hören ist, aber ich persönlich fand alles recht gut recherchiert und verständlich in einen spannenden Kontext gepackt, der selbst Umweltmuffeln das Thema etwas näher bringen wird.
Der Autor betont im Nachwort
noch einmal, dass er keinesfalls mit dem Zeigefinger auf uns zeigen möchte und
ich für meinen Teil hatte nicht das Gefühl, dass er das tut. Zu keiner Zeit
fühlte ich mich belehrt oder überrumpelt mit den Theorien und Fakten.
Natürlich erwartete ich mit
all diesen Elementen einen spektakulären Showdown, der nicht mehr zu toppen
ist. Doch auf den letzten 50 Seiten des Buches musste ich feststellen, dass
dieser nicht mehr kommen wird. Der ganz große Knall entpuppte sich als lauer
Dialog, der mich nicht im Entferntesten zufriedenstellen konnte.
Dazu fällt mir bis jetzt nur
ein Wort ein: Wieso? Wieso dieses schlappe Ende? Ich kann gar nicht sagen, wie
enttäuscht ich bin, obwohl ich bis zur Hälfte so begeistert von dem Buch war
und mir zu Beginn von Stufe drei noch
dachte, dass das Buch von mir – trotz der Ähnlichkeit zu anderen Werken -
mindestens acht Punkte bekommen wird.
Doch auf Grund des abrupt
endenden Spannungsbogens geht meine Bewertung nun leider recht weit nach unten.
Mit Noah hat der Autor einen
sehr anderen Fitzek geschaffen. Das aktuelle Thema wurde künstlerisch in einen
spannenden Kontext gepackt. Die Suche nach Noahs Identität entpuppt sich als dramatische
Jagd durch halb Europa und mit Hilfe seines amüsanten Weggefährten wird dem
Leser nicht so schnell langweilig. Jedoch nimmt das Buch gegen Ende hin extrem
ab und der anfangs so hohe Spannungsbogen endet leider im Nichts.
Auf Grund dessen gebe ich
insgesamt fünf von zehn Cupcakes.
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