Titel: Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown
Originaltitel: Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown
Autoren: Anne Helene Bubenzer
Reihe: nein
Seiten: 416
Preis: 20,00€
Bewertung: ♥♥♥♥♥♥♥♥♥♥
Henry N. Brown wird am 16. Juli 1921 geboren. Er erblickt das Licht der Welt, als ihm das zweite Auge angenäht wird. So beginnt ein Leben, wie es turbulenter nicht sein kann. Eine Odyssee durch Europa, durch das zwanzigste Jahrhundert, durch Krieg und Frieden, Angst und Hoffnung, Sehnsucht und Glück – gesehen durch die Augen und erlebt mit dem Herzen eines Teddybären.
Doch während all der Jahre hat
niemand entdeckt, dass Henry einen kleinen Gegenstand in der Brust trägt, den
er für sich immer nur „Die Liebe“ nennt. Ein Geheimnis, das er sein ganzes
Leben lang bewahrt und das nicht einmal er selbst kennt.
Das Cover ist recht schlicht gehalten, passt aber perfekt zur Geschichte. Es kommt genau wie die gesamte Erzählung ohne viel Kitsch und Schnickschnack aus, wirkt aber dennoch gefühlvoll gestaltet. Es wirkt alt und gebraucht, aber genau das macht einen gewissen Charme aus, der mir sehr gut gefällt.
Vor einer halben Stunde habe ich an der Sicherheitskontrolle Alarm ausgelöst.
Die unglaubliche Geschichte
des Henry N. Brown war für mich wirklich ein ganz besonderes Buch. Noch nie
haben es 413 Seiten so oft geschafft
mich in tiefer Trauer oder auch Freude in Tränen ausbrechen zu lassen, oder mich so oft lachen lassen.
Die Geschichte wird erzählt von einem Bären, Henry N. Brown, ursprünglich geboren als Henry Brown (das N. wurde seinem Namen erst später hinzugefügt) Er erzählt mit viel Gefühl sein Leben vom Augenblick seiner Geburt bis zum heutigen Tag.
Wer in diesem Roman spannende
Action erwartet ist leider sehr fehl am Platz. Um ehrlich zu sein würde es mich
wundern, wenn jemand mit solch einer Erwartung überhaupt bis hier hin gelesen
hat.
Die Geschichte beginnt in der
heutigen Zeit. Der kleine Teddy wird von einer Schriftstellerin auf einem
Flughafen durch die Sicherheitskontrolle transportiert und für „auffällig“
befunden. Henry N. Brown ist schockiert und kann den ganzen Aufruhr nicht
verstehen, genau wie die Schriftstellerin.
„Ich war erstaunt, erschreckt und konsterniert. Die Tatsache, dass es
möglich ist, ohne weiteres durch mich hindurchzusehen, traf mich völlig
unvorbereitet. Es ist offenbar ein Leichtes, mein Innerstes zu betrachten und
das zu entdecken, was ich während der vergangen vierundachtzig Jahre für mein
best gehütetes Geheimnis gehalten habe.“ (S. 13)
Die Geschichte wechselt immer
wieder zwischen der heutigen Zeit, der Situation am Flughafen, und den
Erlebnissen, die Henry N. Brown während der letzten vierundachtzig Jahre
miterlebt hat. Man kann es fast als kleine Geschichten in der großen Geschichte
bezeichnen, denn jede Szene enthält neue Situationen in denen man schmunzeln
muss, hält neue seichte Abenteuer für den stummen Teddybär bereit und entführt
den Leser in eine vollkommen andere Welt.
In der ersten „Geschichte“ beginnt das eigentliche Leben Henry N. Browns. Er erblickt das Licht der Welt, als ihm von Alice Sheridan das zweite Auge angenäht wird.
In der ersten „Geschichte“ beginnt das eigentliche Leben Henry N. Browns. Er erblickt das Licht der Welt, als ihm von Alice Sheridan das zweite Auge angenäht wird.
„Ich hörte. Ich sah. Ich war.“ (S. 23)
Sofort beginnt der kleine
Teddy zu denken, sich neugierig umzublicken und alles Leben um ihn herum in
sich aufzusaugen. Dies tut er auf so niedliche Art und Weise, dass ich ihn
sofort ins Herz schließen musste. Auch ohne Worte schafft er es die junge
Alice, deren Partner nicht aus dem Krieg
zurückgekehrt ist, zu trösten und schafft es sich mit seinem großen Herzen durch
bloßes Beobachten und Zuhören ein Bild von der jungen Frau zu machen.
Bei Alice lernt er die ersten
kleineren Gefahren - in Form eines Katers - kennen, erfährt einiges über die
Menschen und genießt sein Leben als Trostbär für diese unglückliche Frau.
In ähnliche Situationen gerät
er immer wieder auf seiner achtzigjährigen Reise durch ganz Europa. Seine
Besitzer sind immer grundverschieden, wohnen in vollkommen unterschiedlichen
Regionen und Verhältnissen, doch eins haben alle gemein: Sie brauchen Henry,
weil sie sich sonst einsam und verlassen fühlen. Und diese starke Emotionalität
hat die Autorin durch den Blick des Teddybären so gut beschrieben und erzählt,
dass ich mir gar nicht vorstellen kann, wie man es besser machen könnte.
Während der ganzen Jahre trägt
der Teddy ein Geheimnis in sich, welches er selbst gar nicht genau kennt. Für
ihn heißt es immer nur „Die Liebe“. Sie begleitet ihn, während er verloren,
verschenkt oder gar vergessen wird. Seine Besitzer kann er sich natürlich auf
Grund seiner Bewegungsunfähigkeit nicht aussuchen, aber nur deshalb lernt Henry
so viele verschiedene Menschen kennen und erfährt soviel über sie, dass man von
diesem kleinen Plüschbär viel lernen kann.
Mir hat es sehr viel Spaß
gemacht das Buch zu lesen. Für mich persönlich war das Interessanteste an der
Geschichte sich in diesen stummen, wehrlosen Zuschauer hineinzuversetzen. Zwar
ist Henry N. Brown ein offensichtlich sehr cleverer Teddybär, durchdenkt
Situationen ausgiebig und weiß immer einen Kommentar zu denken, aber er kann – wie eben typisch für einen Teddy – einfach nicht
handeln. Er kann sich nicht bewegen,
nicht sprechen und nicht im Mindesten auf sich aufmerksam machen. Dies macht
ihn zu einem ganz besonderen Erzähler, führt aber leider auch zu einigen sehr
dramatischen und traurigen Situationen. So floss bei mir die erste kleine
Träne, als der Teddy das erste Mal verloren ging. Sehr viele weitere folgten.
Das ganze Buch ist oft sehr traurig, oft auch sehr schön, und auf allen 413
Seiten sehr emotional. Wer wie ich nah am Wasser gebaut ist, sollte die
Taschentücher bereitstellen.
Dieses Buch erzählt wunderbar
über Dinge, die den Menschen ausmachen. Es erzählt von Liebe, Hass, Trost und
dem Verzeihen. Durch die Augen des Teddys wirken all diese Dinge so kostbar und
werden mit soviel Verstand beobachtet und durchdacht, dass man sich selbst nach
der letzten Seite ein wenig anders betrachtet als zuvor.
Das Buch ist absolut nichts für Menschen, die auf nervenzerfetzende Spannung oder Action stehen. Aber für jeden, der eine einfach schöne Geschichte lesen will, die aus einem sehr spannenden und sehr außergewöhnlichen Blickwinkel geschrieben ist (und vielleicht auch zumindest ein wenig Interesse an Geschichte mitbringt), kann ich Die unglaubliche Geschichte des Henry N. Brown für ein paar laue Sommerabende (oder kalte Winternächte) wärmstens empfehlen.
Jeder Mensch der Gefühle hat
und sich gern mit diesen auseinander setzt, muss dieses Buch einfach lieben!
Ich tue es. :)
Von mir gibt es dafür zehn von
zehn Cupcakes.
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